Bob Dylan Series von CHC Geiselhart

Zwischen dem 18. April und dem 2. Mai kommt die Hommage à Bob Dylan ins BT24. Herzliche Einladung! Eröffnet wird am 18. April um 15 Uhr

Das schreibt das Schwäbische Tagblatt / 12.2.21

Nehren · Atelierbesuch

CHC Geiselhart: „Künstler besagt gar nichts“

Das zurückliegende Jahr war für den Nehrener Künstler CHC Geiselhart ein sehr aktives Jahr – mit viel Handarbeit und Arbeit am PC. Am meisten beschäftigte ihn Bob Dylan. Eine rätselhafte Existenz.12.02.2021

Von Jürgen Jonas

CHC Geiselhart: „Künstler besagt gar nichts“
CHC Geiselhart geht nicht ins Atelier, er geht arbeiten: Viele seiner Dylan-Bilder entstehen am Computer.Bild: Uli Rippmann

Nein, ein Fan ist er nicht. So ein „scheußliches Wort“ mag Curt Hans Chrysostomus Geiselhart nicht in den Mund nehmen, wenn es um seine Beziehung zu Robert Allen Zimmerman geht, den die Welt unter dem Namen Bob Dylan zu kennen glaubt. Dieser Mann aus Duluth in Minnesota ist 1941 geboren, am 24. Mai wird er 80 Jahre alt. Er gilt als einer der bedeutendsten Musiker des vergangenen und des gegenwärtigen Jahrhunderts. Nobelpreisträger, Oscar-Preisträger, Träger zahlloser Ehrungen, Objekt der Verehrung, Gegenstand der Geringschätzung.

„Ohne ihn ist die Welt, wie wir sie kennen, nicht denkbar“, sagt CHC Geiselhart. 1949 geboren, muss der in Nehren wohnende Maler, Bildhauer und Drucker weit zurückgehen in seinem Leben, um eine Zeit zu finden, in der er nicht unter dem Einfluss Bob Dylans stand, seiner Stimme, seiner Sprechweise, seiner Texte und insgesamt widerständigen Erscheinung, die sich dem auslegenden Zugriff weitgehend entzieht. Je mehr man von ihr weiß, desto rätselhafter wird diese Existenz.

Dylan und Geiselhart sind Kollegen, sozusagen. Nicht nur, dass der Amerikaner auch als Maler durchaus Anerkennung findet, beide bezeichnen sich seit eh und je als Handwerksmänner. Der eine als „song and dance man“. Der andere geht nicht ins Atelier. Nein, Geiselhart geht arbeiten.

Beiden geht es eher gegen den Strich, sich den ausgelatschten Begriff „Künstler“ überstülpen zu lassen. „Who calls it art? Not me!“, sagt Dylan. „Künstler besagt gar nichts“, sagt Geiselhart. „It‘s Performance.“ Kunst ist Handarbeit.

Geiselhart steht noch im Bann der jüngsten Veröffentlichung des Musikers, der ersten mit eigenen Songs seit acht Jahren: „Rough and Rowdy Ways.“ Dylan treibt es etwa mit der „Mutter der Musen“, fällt in Liebe zu Kalliope. Er feiert General Patton und Marschall Schukow als Wegbereiter für Elvis Presley. Oder beleuchtet jenen Mord, an den auch Geiselhart sich erinnert: „Twas a dark day in Dallas, November ‚63, A day that will live on in infamy.“ Siebzehn Minuten dauert der Sprechgesang, aus dem ein Abbild des amerikanischen Lebens, Hörens, Sehens, Fühlens entsteht. Ein Kritiker war beim Hören „wie vom Donner gerührt“. So auch Geiselhart.

Die langjährige Zuneigung hat sich im Corona-Jahr 2020 und in den zurückliegenden Wochen von 2021 Bahn gebrochen. Am Computer sind etliche Dylan-Bilder entstanden. Ein Mann reitet als dunkle Silhouette auf einem Pferd vorbei. Ein Mann in einem grellen, geschmacklosen Jackett, ein groteskes Hütchen auf dem Kopf, steht auf der Bühne, singt von der „political world“, vor der es kein Entrinnen gibt. Im Hintergrund schuftige Existenzen wie Bolsonaro, Trump oder Orban. „All‘ diese Nasen“, die die Welt noch unsicherer machen, als sie eh schon ist. Die Geiselhartsche Umsetzung bewegender Songs, berührender Auftritte des Sängers.

Die Kenntnisse des Zeichnens am PC über ein Grafik-Tablet hat er seinen längst erwachsenen Kindern zu verdanken. Die Bilder zeugen von vielfachem Hinhören, von der Durchdringung der Texte. Gleich beim Computer in der aufgeräumten Arbeitsstube liegen Dylan-Schriften versammelt. Die Bücher des Dylan-Forschers Heinrich Detering, des Enthusiasten Walter Schmitt, genannt Liederschmitt, vor vier Jahrzehnten in Trier erschienen, die Studien von Paul Williams oder Sam Shepard zur „Never ending tour“ über die Bühnen der Welt. Auch das dickleibige Songbook mit all den Texten von „His Bobness“.

Sie passen eben gut zueinander. „Alles am Menschen und um den Menschen ist ein Rätsel.“ Geiselharts oder Dylans Diktum? Unentwegt stellen beide die Rätselfrage. Und er wäre nicht Geiselhart, wenn die Bilder in seinem PC verblieben. In der „Kulturwerkstatt BT24“ in Münsingen wird „The Dylan Series“ ausgestellt von Mitte April bis Anfang Mai. Er arbeitet an einem Katalog.

Dylan in Linol geschnitten. Als junger Mann, als alter Herr mit Hut. Dylan-Aquarelle. Da ist auch ein Dylan-Porträt, das vor 16 Jahren im Atelier in der Bubengasse auf Zuruf entstand, damals, als er, begleitet von zweien seiner Töchter, die Gäste auch musikalisch unterhielt. Im Dylan-Sang mit Mundharmonika und Gitarre. „Er hat gute Momente gehabt und schlechte Momente auf den Bühnen“, sagt Geiselhart über Dylan. Das gelte auch für seine Alben. „Aber immer hat er sich mit der Frage befasst, wie man es anstellt, nicht vereinnahmt zu werden.“

Also, Dylan. Ist das alles? Keineswegs. Einen Großteil des Jahres 2020 hat Geiselhart in der Aschau verbracht mit Handarbeit, im Salzburger Land, auf dem Hof der Eltern von Frau Gitta. „2020 war ein aktives Jahr.“ Die geplanten Bild-Vorträge zu Hölderlin, einem weiteren seiner Rätsel, mussten weitgehend ausfallen. Im Frühjahr und im Sommer hat er Skulpturen gefertigt, mit der Motorsäge. Sein Schwiegersohn hat des Arbeitsmannes Wirken im Freien mit der Kamera dokumentiert. Die Porträt- und Transitus-Werkreihen fanden Fortsetzung. Dazu kommt eine hübsche Broschüre, die sich einem kleinen Gotteshaus widmet, der „Kaiser-Heinrich-Filialkirche zu Reith“, ganz in der Nähe des Hofes.

Beteiligt war er an der Ausstellung des Künstlerbundes in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin. Die Fassade des Hauses hat er auch erneuert, vorne hatten Kreuzschnäbel dem kalkhaltigen Putz aus dem 17. Jahrhundert Schäden zugefügt. Sumpfkalk hat er aufgebracht, so wie er es vom Mössinger Restaurator Karl Schmidt einst gelernt hat, als er selbst das Nehrener Haus in der Luppachstraße sanierte.

Jetzt dräut auch das Jubiläum „100 Jahre Joseph Beuys“ heran, Geiselhart arbeitet an einem Bildvortrag mit dem Titel „Beuys und der erweiterte Kunstbegriff“. Die Bekanntschaft mit dem Journalisten Ulrich Breth nicht zu vergessen, mit dem er nach der Lektüre eines Artikels, Titel „Die Fluchtbewegungen des Bob Dylan“, Kontakt aufnahm. Daraus erwuchs wiederum eine umfangreiche CHC-Interview-Biografie. Geiselhart: „Das reicht doch wohl als Antwort auf die Frage, was macht der Mann eigentlich?“

Künstler in der Krise

Die Galerien und Museen sind geschlossen, deswegen besucht der STEINLACH-BOTE Künstler in ihrem Atelier. In einer losen Serie berichten wir, was Künstler in der Region schaffen und wie die Corona-Krise ihr Werk beeinflusst.

BT24

Kulturwerkstatt BT24 im Albgut Münsingen - Kunst, Workshops, Projekte